8
Feb
2006

Einander achten

"Für mich ist es sehr wichtig, dass ich dich achten kann. Wenn ich dich nicht mehr achte, dann ist es mit unserer Beziehung vorbei. Und - wenn ich das einmal so offen formulieren darf - ich erschrecke, weil ich feststellen muß, dass ich tatsächlich beginne, die Achtung vor dir zu verlieren."

Das war ein Schlag in die Magengrube vor vielen Monaten. Wir führten eine dieser unzähligen Grundsatzdiskussionen und es war nicht klar, wie dieses Gespräch enden würde. Mir schlugen augenblicklich Tränenwellen zwischen die Lider und ich verlor die Fassung, weil du genau das aussprachst, was ich die ganze Zeit schon befürchtete. Du achtest mich nicht mehr, du schätzt mich nicht mehr ... so wie früher.

Wir hatten uns damals nur die Wahrheit ins Gesicht gesagt, noch nicht einmal um die Ohren geworfen. Es war ein zivilisierte Konservation. Wir waren ruhig und sachlich. Fast nüchtern, und wahrscheinlich ist sie mir deshalb so klar im Kopf verankert geblieben. Sie hat meine Angst, diese unbestimmte Furcht aus der Grauzone geholt, und sichtbar gemacht.
Ich kam mir vor wie in einem schlechten Film, voller vorhersehbarer Ereignisse.
Ich war immer begeistert von deiner Zielstrebigkeit und deiner schillernden Perönlichkeit und ich ahnte, dass sie mir irgendwann mal zum Fallstrick werden würden. Ich habe mich mit dir verglichen. Ich kam mir vor wie ein graues Mäuschen in deiner Gegenwart. Die ganze Geschichte hatte etwas von einer sich selbsterfüllenden Prophezeiung. Ich fühlte mich neben dir langweilig, so präsentierte ich mich auch und dann sprachst du diese Worte aus: "Du bist mir einfach zu langweilig. Ich weiß nicht, was uns gemeinsames verbindet. Ausser den Kindern. Das ist nicht gerade viel. ...
Ich mag deine Probleme nicht mehr hören. Es ist seit Jahren das Gleiche. Schau dich doch an: Wie hast du dich in den letzen zehn Jahren verändert? Was hast du gemacht aus deinem Leben? Ich habe mich weiter entwickelt, aber bei dir kann ich kaum eine Veränderung sehen. Seit ewigen Zeiten laborierst du an den gleichen Problemen."
Mir war schrecklich zumute. Ich war traurig, frustriert und wollte nur noch heulen. Ich wollte, dass du auf mich stolz sein konntest. Ich wollte auf mich selber Stolz sein. Mich selber achten und aufrecht gehen.


"Den anderen achten" ein wichtiger Wert in einer Beziehung. In einer Rangliste würde ich ihn neben Sex stellen. Eine Beziehung mit einem unbefriedigten Partner kann leicht scheitern; eine Beziehung, in der man den anderen nicht mehr achtet auch.

"Achte dich selbst, wenn du willst, dass andere dich achten sollen!" so Adolph Freiherr Knigge. Ich weiß, dass hier der Anfang zu meiner Lösung liegt. Ich muß mich selber achten, wenn ich deine Achtung haben will. Aber deine Achtung muß ich mir erarbeiten. Diese Achtung ensteht nicht von alleine, sie entwickelt sich mit den Erfahrungen, die du mit mir machst.

Die Achtung vor mir selber beginnt, wo ich meine Gefühle und meine Wünsche ernst nehme. Sie wächst und gedeiht dort, wo ich mir Ziele stecke, meine Fähigkeiten einsetze und Leistung erbringe.
Achtung zwischen uns beiden ist beginnt dort, wo wir uns gegenseitig respektieren, - nein, nicht nur respektieren, sondern, wo wir uns gegenseitig wertschätzen, wo uns die Gefühle des anderen wichtig sind, wo die Meinung des anderen relevant ist.
Ich gebe zu: Ich will mehr. Ich will, dass du Stolz auf mich bist, genauso Stolz wie ich auf dich bin. Du hast Besonderes, Anerkennenswertes geleistet. Und ich wünsche mir, dass du diesen gleichen Stolz auch für mich empfindest. Ich weiß, dass du mich mit Kolleginnen oder Freundinnen vergleichst. Ich weiß auch, dass ich rein objektiv betrachtet nicht die gleiche Karriere hingelegt habe. Stolz wirst du an der Stelle nicht so schnell für mich empfinden können. Aber ich wünsche mir, dass du dich gerne mit mir schmückst, dass du mich in deinen Kreis mitnimmst und dich nicht für mich schämst.

Aber mehr als deinen Stolz wünsche ich mir deine Achtung: Ich hoffe, dass ich nie wieder abrutsche und deine Achtung verliere. Ich möchte dich nicht mehr mit den ewig gleichen Geschichten anöden; ich möchte schillernd sein; ein klare Meinung vertreten; jemand sein, an dem du dich reiben kannst; eine Frau, die dein Interesse weckt; dessen Perönlichkeit dich anzieht; die dich inspiriert; eine Frau, deren Gesellschaft du aktiv suchst und nicht nur eine Frau, die dich sucht.

Denn:

"Ohne Achtung gibt es keine wahre Liebe." (Immanuel Kant)
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